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"Reich ist, wer nichts braucht." – Porträt Werner, Ehrenamtlicher

Donnerstag, 6. April 2017

"Reich ist, wer nichts braucht." – Porträt Werner, Ehrenamtlicher

Vor den Vorhang: Porträt Werner, Ehrenamtlicher im Team Zeichnen & Service

Reich ist, wer nichts braucht.

Werner, ehrenamtlicher Mitarbeiter im Team Zeichnen & Service, lebt ohne Geld, ohne Wohnung und ohne Sicherheit. Und fühlt sich in der Fülle.

 

Werner, du bist in unserer Genossenschaft ehrenamtlich als Koordinator der AG Daten  tätig, wie kamst du zum Projekt?

Ich finde die Idee der Gemeinwohlökonomie unterstützenswert. Meine Vision ist, dass die Welt kein Geld braucht. Wir sind technisch so weit, dass wir unser Leben auch ohne Geld gestalten könnten. Meine Aufgaben umfassen die Erstellung und Aktualisierung der Genossenschafts-Statistik sowie die Pflege der Kontaktdatenbank CiviCRM.

 

Wie viel Zeit setzt du ein?

Ich wende rund 8 Stunden wöchentlich auf. Ich tue das gerne, weil ich die Zusammenarbeit mit vielen wertschätzenden und engagierten Menschen schätze. Auch die Soziokratie, die hier gelebt wird, finde ich gut.

 

Du führst ein ungewöhnliches Leben, wie würdest du dich beschreiben?
Ich bin ein Aussteiger aus den klassischen Systemen. Ich habe zuvor zwanzig Jahre lang bei einer großen Elektronik-Firma im Controlling gearbeitet, ich bin ein Mensch der Zahlen. Nach zwanzig Jahren habe ich begonnen, Bücher über Mentalhygiene zu lesen, die meinen Horizont erweitert haben und wollte dann nicht mehr mit meiner Arbeit zum Reichtum anderer beitragen. In einem ersten Schritt wollte ich mich selbstständig machen, als das nicht funktioniert hat, habe ich eine einschneidende Entscheidung getroffen. Ich hab mir mit 45 ein neues Leben kreiert und mich dem System entzogen. Ich habe mit einem Rucksack meine Wohnung verlassen und bin nie wieder zurückgekehrt. Ohne Geld und sonstige Sicherheiten.

 

Wo hast du übernachtet und was wurde aus deinen Freunden und deiner Familie?

Ich habe keine Kinder und habe alle Kontakte abgebrochen. Anfangs habe ich auf der Straße geschlafen. Es war Juni und wurde dann ein genialer Sommer, gegessen habe ich das, was die Menschen am Rathausplatz im Rahmen der dortigen Events übrig ließen, und ich war nicht der einzige.

 

Was hast du getan, als der Winter kam?

Ich bin einem Tauschkreis beigetreten und kam zu einer Wohnung im Austausch gegen Katzensitten. So erhalte ich auch ausreichend Geld, um mir eine Jahreskarte für die Wiener Linien leisten zu können.

 

Wie verbringst du heute deine Tage?
Ich arbeite auch bei der Wiener Tafel mit. Ich bin heute in der glücklichen Lage, mir meine Arbeit aussuchen zu können. Ehrenamt ist, in Freiheit das zu tun, wovon ich denke, dass es die Welt weiterbringt.  

 

Gelingt es dir stets, deine täglichen Bedürfnisse abzudecken?

Ja, unter anderem über den Tauschkreis. Ich bin sehr verlässlich. Reich ist der, der nix braucht. Prinzipiell ist alles da und von etlichem viel zu viel. Ich freue mich, dass unser Bankprojekt sich positiv entwickelt und ich etwas dazu beitragen kann.

 

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